Burg und Nadel Arnstein

 

Fährt man von Mayerling über die Schwechat in Richtung Maria Raisenmarkt, fällt hoch über dem Ort eine Felsnadel auf, die aus dem grünen Wald herausragt. Weit und breit ist der Berg dort mit Wald bedeckt, nur diese Steinnadel hebt sich grau vom umgebenden Grün ab. Dieses eigenartige Felsgebilde ist die Arnsteinnadel. Will man sie näher betrachten, muss man vom Weg von Maria Raisenmarkt nach Groisbach links abzweigen und durch den Wald aufsteigen.

 

Ursprünglich ist die Arnsteinnadel noch höher gewesen. Der oberste Teil hat sich eines Tages gelockert und musste abgesprengt werden, um nicht Wanderer durch Steinschlag zu gefährden. Manche Forscher nehmen an, dass sich bei der Arnsteinnadel einst eine vorchristliche Kultstätte befunden habe, wie man sie häufig bei ähnlichen Felsgebilden nachweisen konnte. Wegen der phalusartigen Form wurde der Fels als Fruchtbarkeitssymbol angesehen. Rund im die Nadel kann man Mauerteile erkennen, spärliche Überreste einer mittelalterlichen Burg. Das ist die Ruine Arnstein. Der Name leitet sich her von Arn = Adler und Stein = Burg, bedeutet also Adlerburg. In der Gründungsurkunde des Stiftes Heiligenkreuz von 1136, in der alle benachbarten Gutsbesitzer als Zeugen aufscheinen, wird Arnstein nicht erwähnt. Also ist es sehr wahrscheinlich, dass die Burg erst etwas später erbaut worden ist.

 

Das Geschlecht der Arnstein stammt von den Herren von Stiefern-Gaaden ab. Wichard, der Sohn Ulrichs von Gaaden, erhielt um 1150 den Hauptteil des Massivs des Hohen Lindkogels und des Peilsteins (Wexenberg) vom Babenberger Herzog Heinrich II. als Lehen. Er bekam die Waldhut über den ausgedehnten herzoglichen Bannwald im südöstlichen Wienerwald übertragen. Er dürfte die Burg Arnstein erbaut haben und nannte sich von da an nach seinem neuen Wohnsitz Wichard von Arnstein. Unter diesem Namen wird das erste Mal 1170 in einer Klosterneuburger Urkunde als Zeuge genannt. Die Arnsteiner wurden ein mächtiges, sehr zahlreiches Geschlecht. Im Kreuzgang von Heiligenkreuz befindet sich ein Grabstein aus 1277 mit der Aufschrift: "Bertholdus de Arnstein cum sua familia", dem Anschein nach eine Familengrabstätte der Arnsteiner. Der letzte dieses Names starb um die Mitte des 13. Jahrhunderts. Die Burg Arnstein war aber schon 1329 verkauft worden. Sie wechselte noch mehrmals den Besitzer und wurde wahrscheinlich 1529 von den Türken zerstört und seither nicht wieder aufgebaut. Anfang des 17. Jahrhunderts war die Familie Wolzogen Besitzer der Herrschaft Arnstein und verkaufte sie zusammen mit Fahrafeld und Neuhaus an Kaiser Ferdinand II. Im 19 Jahrhundert werden eine Familie Sima und dann die Grafen Wimpffen als Besitzer genannt.

 

So weit die verbürgten Tatsachen, die wir kennen. Aber wie so oft bei alten Burgen, vermischen sich auch bei der Ruine Arnstein die Tatsachen mit alten Sagen, welche noch eigens nachgelesen werden kann.

 

In der steilen Berglehne unterhalb der Runie Arnstein liegt in einer Höhle von 520m die Arnsteinhöhle. Es handelt sich dabei um einen in einer Zerklüftungszone entstandenen Felsendom, dessen Wände mit Bergmilch und feinem Perlsinter überzogen sind. Möglicherweise war diese Höhle zur Zeit der Arnsteiner in den Komplex der Burg miteinbezogen und diente als Stallung. An manchen Stellen sind die Höhlenwände eigenartig glatt geschliffen, wie poliert. Es handelt sich dabei um so genannte Bärenschliffe. Höhlenbären haben sich hier vorbeigezwängt und haben das Gestein abgeschliffen. Tatsächlich wurden Ende des 19. Jahrhunderts in der Arnsteinhöhle Knochen von Höhlenbären gefunden. Außerdem fand man noch Geweihstücke und Wirbel von urzeitlichen Rentieren, Zähne von Höhlenhyänen und Überreste anderer kleinerer Tiere. Die Wände und die Decke des vorderen Höhlenteiles sind stark rußgeschwärzt. Das rührt vom Feuer her, das biwakierende Wanderer sehr oft hier angezündet haben.

 

m Raisental, einem Seitenteil des Schwechattales, am Fuße der Ruine Arnstein, liegt Maria Raisenmarkt. Eine der Deutungen des Namens Raisenmarkt hängt mit Arnstein zusammen. Er soll sich von den Reisigen, den waffentragenden Dienstmannen der Burgherren von Arnstein ableiten, die hier in der Nähe der Burg gewohnt haben. In diesem Zusammenhang vermutet man auch, dass das alte Haus in der Kranleiten, Groissbach 25, ehemals das Kutschenhaus der Burg gewesen sein könnte.

 

Der Ort ist uralt, die erste urkundliche Erwähnung kennen wir aus dem Jahr 1285. Anfang des 17. Jahrhunderts schreibt Hans Christoph von Wolzogen über Raisenmarkt, die Kirche sei in einer Einöde, "an einem rauhen, wilden Orte, wo nur drei elende kleine Köhler- und Holzhauerhütten sind". Noch um 1856 hören wir, dass Raisenmarkt ein "unbedeutendes Dörflein mit 16 Häuslein, darunter zwei elende Bauernkneipen" sei. Im 20. Jahrhundert hat sich Raisenmarkt vergrößert und nahm als beliebte Sommerfrische und als Ausgangspunkt für Touren auf den Peilstein großen Aufschwung.

 

Die Kirche zu den Heiligen Aposteln Philipp und Jakob war Filialkirche der Pfarre Alland und wurde 1783 eigene Pfarre unter dem Patronat des Stiftes Heiligenkreuz. Der heutige Kirchenbau wurde aus einer früher schon bestehenden Kapelle erweitert. Es wird sogar vermutet, dass der oben genannte Wichard von Arnstein die erste Raisenmarkter Kapelle erbaut hat. Zur Zeit der Reformation, als Raisenmarkt im Besitz der Wolzogen war, kam es kurze Zeit unter protestantischen Einfluss. 1683 baute das Stift Heiligenkreuz die durch den Türkensturm arg verheerte Kirche wieder auf. Der klassizistische Hochaltar stammt aus der Stiftskirche. Die Kanzel wurde aus der ehemaligen Laurenzikapelle des Jagdschlosses Mayerling hierher gebracht. Anlässlich der Außenrenovierung im Jahr 1983 wurden ein romanisches und ein frühgotisches Fenster aus dem 12. und 13. Jahrhundert freigelegt. 1998 wurde die Kirche innen renoviert. Für das heilige Jahr 2000 wurde der Turm renoviert und mit Kiefernschindeln verkleidet. Auch das Turmkreuz wurde bei der Gelegenheit vergoldet.

 

 

Mit freundlicher Genehmigung der Autorin, dem Buch "Das Buch von Alland" von Erich und Christl Dorffner. entnommen. Herausgegeben 2002 im Eigenverland der Gemeinde Alland.

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